Ungewisse Zukunft für die Calmbergstraße 2a
Seit Mai 2023 steht der letzte Teil der ehemaligen Hindenburgkaserne in Augsburg zum Verkauf. Nun soll sie per Höchstgebot verkauft werden.
11. Juli 2023
Seit Mai 2023 steht der letzte Teil der ehemaligen Hindenburgkaserne in Augsburg zum Verkauf. Das Gebäude wurde bis 2017 zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt. Zwischenzeitlich wurden die Anträge abgelehnt, das Gebäude über ein Konzeptverfahren zu vergeben oder eine Freihandvergabe zu erreichen. Das bedeutet wie so oft: Wer am meisten Geld bezahlt, bekommt den Zuschlag.
Auf den ersten Blick mag das stimmig erscheinen, wenn das Land Bayern beim Veräußern von Immobilien maximale Rendite anstrebt. Durch den Überschuss sind weniger Steuereinnahmen notwendig und die Allgemeinheit wird entlastet.
Langfristig betrachtet kann es sich hierbei aber auch um eine Fehleinschätzung handeln. Die Mieten in Augsburg sind die letzten 5 Jahre um ungefähr ein Drittel gestiegen. Für viele Menschen steigt damit die Mietbelastung auf über 30% des Nettoeinkommens, was insbesondere bei Haushalten mit niedrigerem Einkommen als problematisch gilt. Auch Kulturräume leiden unter den immer steigenden Mieten und Sanierungkosten. Das stellt die Frage in den Raum: Profitieren wir wirklich alle davon, wenn die Calmbergstraße 2a per Höchstgebot vergeben wird?
Die Nähe zu München hat insbesondere Wohnraum in Augsburg mit schneller Anbindung zum Bahnverkehr attraktiv gemacht. Am Hauptbahnhof sind zuletzt mehrere hundert Wohnungen fertiggestellt worden und weitere sollen am Bahnpark in naher Zukunft entstehen. Alle mit einem Quadratmeterpreis, der mit zu den teuersten in Augsburg zählt.
Und so ist die nahe Zukunft für die Calmbergstraße 2a, mit 7 Minuten zum nächsten Bahnhof, vermutlich sehr eindeutig: Weitere luxussanierte Wohnungen und teure Büroflächen. Dass es aber auch anders geht, sieht man am Beispiel der Kunst- und Gewerbegenossenschaft Feinkost eG in Leipzig. 2004 hat sich diese Initiative gegründet, um die ehemalige Konservenfabrik in der Karl-Liebknecht-Straße 36 vor dem Abriss zu schützen. Bis heute finden sich auf dem Gelände Ladengeschäfte, Werkstätten und Büros in Selbstverwaltung. Für die Bewohner*innen des Viertels gibt es Märkte und Konzerte. So wird allen eine künstlerisch-kreative Atmosphäre sowie ein Rückzugsort im Leipziger Süden geboten.
Für Pa*radieschen ist das Projekt in der Calmbergstraße 2a nicht realisierbar. Zwar wird das Gebäude, wie die Verkehrsrichtlinien des Freistaat Bayerns es vorgeben, in Erbpacht vergeben. Diese Erbpacht muss aber im Voraus bezahlt werden und nicht über einen jährlichen Erbpachtzins. Für Projekte, die sich über Mieten und wenig Eigenkapital finanzieren ist diese Variante finanziell schwieriger als ein einfacher Erbpachtzins. Weiter wurden auch alle Risiken des Gebäudes in der Ausschreibung ausgeklammert und nicht genauer untersucht. Man muss also mit möglicherweise hohen Kosten bei der Beseitigung von Altlasten, Umsetzung des Denkmalschutzes, Schaffung von Stellplätzen und Wiederherstellung der Statik rechnen.
Trotz allem hoffen wir, dass am Ende bei den Geboten eine Initiative gewinnt, die einen Mehrwert für das Antonsviertel schafft. Und dass das historische Gebäude mehr sein wird als eine Möglichkeit, die steuerlichen Abschreibungen einer denkmalgeschützten Immobilie zur eigenen Profitmaximierung zu nutzen. Vielleicht trägt der aktuelle Immobilienmarkt dazu bei, dass es hier noch länger Zeit gibt, über eine sinnvolle Nutzung nachzudenken. Die erste Fristverlängerung der Vergabe wurde schon bekannt gegeben.